Eines habe ich in meiner beruflichen Laufbahn gelernt: Die zentrale Quelle für Konflikte, Missverständnisse und Raum für Eigeninteressen sind „faktenfreie“ Analysen von betrieblichen Gegebenheiten.
Hier ist eines der vielen Beispiele aus meinem beruflichen Leben:
Ein Produktionsunternehmen lagert einen Teil der Produktion zu einem Lohnfertigungsunternehmen aus. Einkauf und Kostenrechnung betreiben das Projekt begeistert, weil sich dadurch die Kosten deutlichen senken lassen. Die Produktion und die Logistikabteilung sind dagegen: Erstens aus Prinzip und zweitens, weil das nicht gut gehen kann. Es kommt, wie es kommen muss: Die erste Lieferung ist die volle Katastrophe. So die Sichtweise der Produktion und der Logistik. Eh alles super, die Meinung des Einkaufs. Fest steht, es muss nachgearbeitet werden. Viel aus der Sicht der Produktion und Logistik, eh nicht so viel aus der Sicht des Einkaufs. Das lässt sich mit einem Anruf erledigen, ist der Einkauf der Meinung. Die nächste Lieferung liefert wieder dasselbe Bild. Die Emotionen schaukeln sich hoch, die Diskussionen werden hitzig und beide Abteilungen werden bei der Geschäftsführung vorstellig. Nach diesem „Schuldzuweisungsdialog“ ist zählen angesagt. Wie viele der angelieferten Produkte sind tatsächlich fehlerhaft, ist die Frage. Es stellt sich heraus, es sind 15 %. Das sind nicht alle, so wie es die Logistikabteilung empfunden und kommuniziert hat. Es ist aber auch zu viel, dass man das mit einem Telefonanruf erledigen könnte, sieht die Einkaufsabteilung ein. Aber es konnte nun ein Plan erarbeitet werden, wie mit dem Lohnfertiger umgegangen werden sollte, und die Emotionen haben sich ein wenig beruhigt.
Es wird oft zu wenig gezählt, gemessen und berechnet. Die Bewertungen erfolgen auf Basis von Bauchgefühl und Empfindung und dann wird es emotional und das sind in aller Regel keine erfreulichen Emotionen.
- Die erste Voraussetzung für mehr Klarheit über das eigene Unternehmen ist daher die Kenntnis der eigenen Zahlen. Das ist am leichtesten zu bewerkstelligen. Zählen, messen und rechnen ist angesagt. Da braucht es keine ausgeklügelten Controlling-Systeme. Einfache Rechnungen reichen aus. Da kann ein Steuerberater oder ein Unternehmensberater helfen. Das ist eine wertvolle Investition, die sich schnell rechnet.
- Die zweite Voraussetzung ist ein Zukunftsbild und ein Plan. Ich sage bewusst Zukunftsbild und nicht Ziel, denn Ziele haben durchaus das Potenzial zweischneidig zu sein. Ziele sind wichtig, aber letztendlich dienen sie nur dazu, dass wir in die Gänge kommen. Viel wichtiger ist der Weg zum Ziel. Oft braucht es dann Umwege und manchmal müssen wir das Ziel auch anpassen. Mehr dazu hier:
- Die dritte Voraussetzung ist die Kenntnis, was sonst noch so im Unternehmen los ist. Das heißt nicht, dass Sie jedes Detail kennen müssen. Aber Sie müssen mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sprechen, Ihnen zuhören und auch gelegentlich einmal Zusammenhänge 1:1 erklären. Ein Klima, bei dem Ihre Leute auch zu Ihnen kommen und freiwillig aus ihrem Alltag erzählen, hilft dabei. Und: Die gesammelten Zahlen liefern Ihnen den Stoff, um mit Ihren Leuten reden zu können.
Und eines ist auch klar:
Als bester Sachbearbeiter im Unternehmen schaffen Sie es nicht, sich diese Klarheit zu erarbeiten. Dann besteht die Gefahr, dass Sie sich in den Details verlieren und Sie sich verzetteln.
Siehe auch:
Wenn Sie aber Ihre Rolle als Unternehmer wahrnehmen, dann führen Sie Ihr Unternehmen über Ihre Vision, Ihre Mission, die Finanzen, die Kultur im Unternehmen, Ihre eigenen Gewohnheiten und die Gewohnheiten Ihrer Mitarbeiter. Das heißt nicht, dass Sie sich nicht mehr mit den Details beschäftigen. Aber der Zugang ist ein komplett anderer. Als Unternehmer beschäftigen Sie sich mit dem großen Bild und dem Weg dorthin. Klarerweise werden dabei Probleme auftauchen, aber Sie werden zunächst den Engpass suchen. Wenn Sie den haben, dann werden Sie in die Tiefe gehen und sich mitunter auch mit Details beschäftigen. Damit stellen Sie aber sicher, dass Sie sich mit den relevanten Details beschäftigen.
Eine Frage der Robustheit:
Zählen und messen Sie genug? Haben sie einen guten Überblick oder werden Sie von den Details erschlagen? Wo können Sie ansetzen, um die Situation zu verbessern?