Eliot saß seinem Neurologen gegenüber. Antonio Damasio, ein sehr bekannter Neurologe. Und der war vorerst genauso ratlos wie seine Kollegen davor. Eliot war vor einigen Monaten ein kleiner Gehirntumor entfernt worden, der direkt hinter der Stirn saß. Ein Routineeingriff für moderne Gehirnchirurgen, eigentlich. Eliot war aber seit der Operation lebensunfähig. Er hat seine Fähigkeit verloren, Entscheidungen zu treffen. Musste er zwischen einem schwarzen und einem blauen Stift entscheiden, um sich eine Notiz zu machen, hat er die Notiz nicht geschrieben. Er konnte sich nicht zwischen den beiden Stiften entscheiden. Oft saß er stundenlang im Auto, weil er sich im Radio nicht für einen bestimmten Sender entscheiden konnte. Seine Denkfähigkeit hat nicht gelitten. Er war in der Lage, normal zu denken, logische Schlüsse zu ziehen, er konnte rechnen. Alle intellektuellen Fähigkeiten waren nach wie vor vorhanden und trotzdem war er nicht in der Lage, auch nur die kleinste Entscheidung zu treffen.
Antonio Damasio ist aber aufgefallen, dass Eliot über keinerlei Emotionen mehr verfügte. Er verspürte keinen Ärger, z. B. über die missglückte Operation, keine Angst, keine Freude, einfach nichts. Offensichtlich sind die Zentren, die für Emotionen im Gehirn zuständig sind, durch die Operation geschädigt worden.
Das Phänomen war so interessant, dass es sich Antonio Damasio zum Forschungsschwerpunkt machte. Die Ergebnisse fasste er in seinem Buch „Descartes’ Irrtum“ zusammen. Der Kern der Ergebnisse ist folgender:
Die alte Trennung von Körper und Geist ist ein Irrtum. Emotionen und rationales Denken gehen Hand in Hand. Ohne Emotionen ist der Mensch nicht in der Lage, Entscheidungen zu treffen. Emotionen lösen neurobiologische Prozesse in unserem Gehirn aus, die für unsere Lebensfähigkeit und die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, von entscheidender Bedeutung sind.
Was hat diese Erkenntnis mit Ihrer Strategie zu tun?
Denken Sie an die ersten beiden Schritte der Strategiearbeit im kleinen Unternehmen:
- Selbsterkenntnis: Werden Sie sich Ihrer Stärken und Ihrer Präferenzen bewusst.
- Suchen Sie sich auf Basis dieser Erkenntnisse die zu Ihnen passende Zielgruppe.
Siehe auch: So geht Strategie
Sie können Ihre potenziellen Kunden nach so vielen Kriterien intellektuell sauber segmentieren wie Sie wollen und ausreichend logische Gründe finden, warum eine Zielgruppe für Sie die richtige ist. Es wird Sie in Ihrer geschäftlichen Entwicklung nicht weiterbringen, wenn Sie keinen emotionalen Bezug zu Ihrer Zielgruppe schaffen können. Einer der bekannteren Unternehmer-Coaches, Stefan Merath, hat diese Überlegung sehr treffend in seinem Buch „Die Kunst, seine Kunden zu lieben“ auf den Punkt gebracht.
Wenn Sie also die Schritte eins und zwei der Strategiearbeit erfolgreich und sinnvoll umsetzen wollen, dann schauen Sie neben den logischen Argumenten sehr intensiv auf Ihre Befindlichkeit und darauf, wie es Ihnen mit den verschiedenen Kundengruppen auf der emotionalen Ebene geht.
Übrigens: Wenn ich auf meine unternehmerische Tätigkeit zurückblicke und mir anschaue, bei welchen Projekten es Schwierigkeiten gab oder welche Projekte gar nicht zustande gekommen sind, dann waren das fast immer jene Projekte, bei denen im Vorhinein die Lage immer sehr logisch und klar gewirkt hat. Fast immer hatten wir etwas übersehen, und das hatte mit der emotionalen Wahrnehmung und Einordnung der Umstände zu tun.
Eine Frage der Robustheit
Wo sehen Sie die Stärken Ihres Unternehmens? Was macht Ihnen und Ihren Mitarbeitern die größte Freude? Mit welchen Kunden können Sie eine erfreuliche Beziehung aufbauen? Welche Kunden vertrauen Ihnen und umgekehrt, welchen Kunden helfen Sie besonders gerne?