Nassim Taleb, der bekannte Philosoph, Risikoforscher und Wertpapierhändler, erklärt in seinem Buch „Narren des Zufalls“ auf mehr als 300 Seiten, dass wir mehr von Zufällen abhängig sind, als wir glauben und als uns lieb ist. Wir überschätzen unseren Einfluss auf Geschehnisse und unterschätzen den Einfluss des Zufalls. Dazu zitiert er zahlreiche Studien, Untersuchungen und Forschungsergebnisse, die das belegen sollen. Aber es reicht schon ein Blick in unser näheres Umfeld. Kennen Sie nicht auch Menschen, die Ihnen eine erfolgreiche Tat als großes Können verkaufen und wenn einmal etwas schiefgeht, dann war es eben Pech?
Wollen wir Nassim Taleb also einmal glauben. Dann heißt das, dass wir am Ende des Tages beim Treffen von Entscheidungen immer auch ein wenig Glück brauchen. Fleiß, ein gewisses Maß an Akribie und Können sowie Erfahrung sind notwendige Voraussetzungen, um eine gute Entscheidung treffen und vor allem auch umsetzen zu können. Es reicht aber nicht aus.
Wären wir in einem „stabilen“ Umfeld unterwegs, dann würde das wahrscheinlich reichen, wenn wir unternehmerisch tätig sind, ist unser Umfeld aber nicht „stabil“.
Stellen Sie sich vor, sie wären ein Bilanzbuchhalter. Dann sind Sie hoffentlich so versiert und arbeiten so genau, dass Sie kein Glück brauchen, um eine Bilanzposition richtig zu ermitteln. Oder stellen Sie sich einmal vor, Sie sind beim Zahnarzt. Er ist guter Hoffnung, dass er Glück haben wird und die Behandlung schon gut ausgehen wird. Wie fühlt sich das für Sie an? Mit großer Wahrscheinlichkeit verfügt Ihre Zahnärztin oder Ihr Zahnarzt über genügend Fachwissen, Erfahrung und Genauigkeit, dass sie oder er kein Glück benötigt, um eine richtige Entscheidung in Bezug auf eine Behandlungsmethode zu treffen. Wenn dieser Zahnarzt aber beschließt, seine erfolgreiche Praxis zu einer Zahnklinik auszubauen, dann sieht die Welt schon ganz anders aus. Er begibt sich aus seinem „sicheren“ Umfeld heraus und muss plötzlich Entscheidungen treffen, bei denen rein fachliches Wissen und Kompetenz nicht ausreichen.
Am Ende des Tages braucht es also auch ein wenig Glück. Aber nicht das zufällige Glück, sondern das Glück des Tüchtigen, dem man durch akribisches Arbeiten auf die Sprünge geholfen hat.
Was können Sie nun aber tun, um dem Glück des Tüchtigen auf die Sprünge zu helfen?
Dazu habe ich einige Hinweise, wie Sie das bewerkstelligen können, z. B:
- Mit einem Großteil (80 % - 90 %) Ihrer Ressourcen (finanziell und personell) begeben Sie sich auf sicheren Boden und machen das, was Sie schon gut können, immer besser. Werden Sie der Beste in dem, was Sie machen, und schauen Sie, dass Sie Ihren Konkurrenten immer einen Schritt voraus sind.
- Mit den verbleibenden Ressourcen experimentieren Sie laufend, probieren neue Aktivitäten aus und versuchen Ihr Unternehmen weiterzuentwickeln. Das soll aber nicht nur ein wenig neu sein. Seien Sie ruhig mutig und frech. Probieren Sie Dinge aus, die jenseits Ihrer Komfortzone liegen. Der Großteil wird schiefgehen, aber Sie lernen daraus. Die meisten Innovationen waren nicht geplant oder sind am Reißbrett entstanden. Oft waren es Zufälle, die zu einer Innovation geführt haben. Wichtig dabei ist aber, dass Sie die gemachten Erfahrungen intensiv reflektieren und für die nächsten Versuche lernen.
- Vor allem bei Entscheidungen mit großer Tragweite orientieren Sie sich weniger am möglichen Gewinn. Sie orientieren sich besser am möglichen Schaden, den Sie erleiden können, wenn sich die Entscheidung als falsch entpuppt, und überlegen, ob Sie diesen Schaden aushalten können und wollen.
- Bauen Sie sich goldene Brücken für den Weg zurück oder den Abbruch des Versuchs. Das ist vor allem dann wichtig, wenn es nicht ausreicht, eine Kurskorrektur vorzunehmen und ein Rückzug angesagt ist. Damit können Sie das Risiko im Zaum halten.
Eine Frage der Robustheit
Werfen Sie einen Blick zurück in die Vergangenheit und überlegen Sie, welche großen Ereignisse es in Ihrem beruflichen und privaten Leben gegeben hat und inwieweit diese gezielt und geplant eingetreten sind, oder ob da nicht doch Zufall oder Glück im Spiel waren.
Blicken Sie nun in die Zukunft und überlegen, was Sie bei Ihrem nächsten größeren Vorhaben tun können, um dem Glück des Tüchtigen auf die Sprünge zu helfen.