Die Kraft der stillen Reserven

Wir haben Jahrzehnte der Effizienz- und Produktivitätssteigerung hinter uns. Unsere Unternehmen wurden an der jährlichen Produktivitätssteigerung gemessen und wir selbst haben uns mit der Verbesserung unserer persönlichen Leistungsfähigkeit beschäftigt. „Wie bringen wir mehr in weniger Zeit unter?“ war die leitende Frage. Wir leben im Zeitalter der Selbstoptimierung.

 

Wie erfolgreich waren Sie dabei, Ihre persönliche Leistungsfähigkeit zu steigern? Wie erfolgreich war Ihr Unternehmen dabei, Produktivität und Effizienz zu steigern?

 

Diese Frage können Sie sich nur selbst beantworten!

 

Wir könnten uns aber auch die Frage stellen, wie sinnvoll das extreme Streben nach Effizienzsteigerung ist.

 

Das ist nicht ganz einfach zu beantworten. Natürlich macht es Sinn:

  • Abläufe im Unternehmen zu straffen,
  • Fehlerquellen im Unternehmen zu identifizieren und zu eliminieren,
  • wenig produktive Tätigkeiten abzustellen,
  • die eigene Arbeit besser zu organisieren,
  • bessere Systeme und Tools an der Hand zu haben
  • usw.

Aber auch hier ist es wie im richtigen Leben: Die Dosis macht das Gift.

 

Das Ministerium für Digitalisierung und Standort in Österreich hat untersucht, welche Unternehmen gut durch die Pandemie gekommen sind und was sie dafür getan haben. [siehe auch den Blog zu diesem Thema]

Unter anderem haben dabei jene Unternehmen besonders gut abgeschnitten, die in der Lage waren, ihr Geschäftsmodell schnell an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Die Pandemie hat eine Reihe von Unternehmer:innen gezwungen, sehr schnell neue Produkte oder Dienstleistungen anzubieten, neue Wege zu ihren Kunden zu finden oder sich gar neu zu erfinden.

 

Seien es

  • die Yogalehrer:innen, die plötzlich Onlinekurse abhalten,
  • die Fitnesstrainer:innen, die von einem Tag auf den anderen ihre Klient:innen im Freien betreuen,
  • das Unternehmen, das Großevents mit Bühnen-, Ton- und Lichttechnik ausstattet und jetzt mobile Streaming-Lösungen für Großevents anbietet.

Es ließen sich da noch zahlreiche andere Beispiele aufzählen.

 

Seit ich arbeite, und das sind schon einige Jahre, höre ich, dass alles immer schneller wird, dass wir uns anpassen müssen, dass wir lebenslang lernen müssen, dass sich das Tempo des technischen Fortschritts radikal beschleunigt usw. Was sich aber derzeit an gesellschaftlicher Veränderung abspielt, erreicht eine neue Dimension. Wir sind noch mitten in einer Pandemie, haben erstmals das Gefühl, dass wir uns langsam an ein neues Leben gewöhnen und einen neuen Umgang mit der Situation lernen, kommt schon die nächste Verwerfung mit ungewissem Ausgang um die Ecke.

 

Robustheit ist gefragt. Siehe dazu auch meinen Blogartikel zum Unterschied von Robustheit und Resilienz.

 

Es geht darum, die Störungen, die auf uns einprasseln, auszuhalten und unsere Strategien und unsere Geschäftsmodelle laufend zu adaptieren und den neuen Gegebenheiten anzupassen. Das gelingt aber nicht, wenn wir unsere Unternehmen zu sehr optimiert haben, wenn wir zu spezialisiert oder zu sehr „gestreamlined“ sind. Und zu Tode gespart sollten wir unsere Firmen auch nicht haben. In solchen Situationen brauchen wir Reserven. Natürlich finanzielle Reserven. Aber die alleine helfen uns nicht. Die können unter Umständen sehr schnell aufgebraucht sein. Es ist dann mindestens genauso wichtig, dass wir auf verborgene und nicht unmittelbar sichtbare Potenziale zurückgreifen können. Das sind unsere „stillen Reserven“. Für jedes Unternehmen kann das etwas anderes sein:

  • Erfahrungen, die wir bei gescheiterten Projekten gesammelt haben,
  • nicht genutzte Erfahrungen und Potenziale unserer Mitarbeiter,
  • in Vergessenheit geratenes Know-how,
  • alte Kontakte,
  • frühere Kunden oder Lieferanten.

Es gäbe noch viele Beispiele aufzuzählen. Wichtig aber ist, dass wir uns unsere stillen Reserven immer wieder bewusst machen, damit wir im Bedarfsfall auch darauf zurückgreifen können. Dieser Bedarfsfall kann schneller kommen, als uns lieb ist.

 

Mehr dazu in den nächsten Blogartikeln.


Eine Frage der Robustheit

 

Wie gut kennen Sie Ihre „stillen Reserven“?

Nehmen Sie sich doch einmal ½ Stunde Zeit und überlegen, was Ihre stillen Reserven sein könnten. Worauf können Sie im Bedarfsfall zugreifen? Sprechen Sie auch mit Ihren Mitarbeitern, Ihren Geschäftspartnern und Freunden darüber. Vielleicht haben sie Ideen, an die Sie überhaupt nicht gedacht haben.